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Social cohesion, identity and religion in Europe, 400-1200

(SCIRE)

Im Dezember 2010 erhielt Walter Pohl den Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC).

Im frühen Mittelalter bildete sich die ethnische und politische Landschaft Europas heraus, gleichzeitig gewannen religiöse Identifikationsangebote zunehmend an Bedeutung. Das Christentum stellte mit der Bibel ein „Repertoire“ von Ordnungs- und Orientierungsmustern zur Verfügung, das bei der Ausprägung von ethnischen Identitäten entscheidend mitwirkte.  

Aufgegliedert in verschiedene Teilprojekte untersucht SCIRE, in welcher Weise religiöse und ethnische Identitäten als Diskursformen und Praktiken interagierten und dadurch eine soziale und kulturelle Matrix für spezifische ethnische Prozesse herausbildeten.

Das Projekt SCIRE ist an der Universität Wien angesiedelt, Partnerinstitution ist die Österreichische Akademie der Wissenschaften.


 

SCIRE

Zwischen 400 und 1200 n. Chr. entstanden neue grundlegende Identifikationskonzepte in Europa. Zum einen nahmen starke religiöse Identitäten Form an und dominierten weite Gebiete, in denen sich christliche Gemeinden entwickelten. Zum anderen wurden neue Königreiche mit ethnischen Bezeichnungen gebildet, und das römische Reich wich einer pluralistischen politischen Landschaft. Die meisten ethnischen Bezeichnungen für mittelalterliche und moderne Staaten gehen tatsächlich auf jene Zeit zurück. Durch beide Prozesse wurden, nicht zuletzt durch ihre Interaktion, neue Formen des sozialen Zusammenhalts, aber auch neue Arten von Konflikten hervorgerufen, deren Bedeutung für die europäische Geschichte bisher noch nicht ergründet wurde. Universalreligion und ethnische / nationale  Sonderinteressen gelten seit jeher als entgegengesetzte Prinzipien. Dies ist trifft jedoch nur in einem begrenzten Ausmaß zu; das vorgeschlagene Projekt soll daher systematisch die Wechselwirkung religiöser und ethnischer Identität, sowohl als Diskursformen und als auch als soziale Praxis untersuchen.

Durch die Auseinandersetzung mit dem frühen Mittelalter befasst sich das Projekt mit einem Zeitraum, der in den Debatten über Ethnizität und dem Entstehen der Nation bisher vernachlässigt wurde. Durch die Wahl einer langfristigen Perspektive wird versucht, Ethnizität und Religion in einen historischen Rahmen zu setzen. Dies soll durch eine zweigleisiges Vorgehen erreicht werden: einer sorgfältigen Quellenstudie in Kombination mit methodologischen Reflexionen, um moderne Projektionen zu vermeiden; und durch Vergleiche mit Gebieten außerhalb des Projektrahmens, zum Beispiel der frühen islamischen Welt. Ziel ist nicht so sehr die Untersuchung bestimmter ethnischer Prozesse, sondern der kulturellen und sozialen Matrix, die diese Prozesse ermöglichte und prägte. Das Projekt konzentriert sich besonders auf den Einfluss der Bibel auf neue Diskurse über Identität und Ethnizität, und die Stärkung des ethnischen und politischen Zusammenhalts durch die Bildung christlicher Gemeinden. Wichtige politische, affektive und kognitive Quellen für die politische Rolle der Ethnizität in der europäischen Geschichte entstanden in der Spätantike und im frühen und hohen Mittelalter, 400-1200 n.Chr. Diese eröffnen ein Potenzial, das in den verschiedenen Phasen in der Geschichte Europas, nicht zuletzt in der Entwicklung der modernen Nation, genutzt werden konnte.


 


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